Montag, 28. April 2014

20: Fun facts

Geschätzte Adressatinnen und Adressaten
Ich habe zurzeit nicht gerade zu wenig zu tun. Das kann gegen Ende eines Semesters vorkommen. Deswegen speise ich Sie diese Woche mit ein wenig leichterer Kost ab, die mich weniger Originalität und Reflexion kostet als sonst. Ja, ich gebe das zu. Dennoch stehe ich zu diesem Post. Wissen Sie noch, Post #1? Da hab ich schon Sprachfacts präsentiert. Und es gibt ja reichlich davon. Also offeriere ich diese Woche, im zwanzigsten Post, noch 'ne Ladung davon.


-In Schweden ist die Höflichkeitsform wohl weltweit am krassesten auf dem Rückzug, während sie in Frankreich noch immer wahrscheinlich am festesten verankert ist. Laut einer Umfrage würden gerade mal rund 55,5 % der befragten Schweden einen älteren Fremden unter Verwendung der Höflichkeitsform nach dem Weg fragen. In Frankreich würden das 100% tun. Gleichaltrige oder jüngere Unbekannte würden nur noch unter 5% der Schweden mit der Höflichkeitsform ansprechen. Bei den Franzosen sind es fast 80%(!). Ein Post zum Thema Höflichkeit kommt bestimmt noch. Falls Sie nichts dagegen hätten...

-Es ist noch immer ein Mysterium, wie das menschliche Gehirn Sprache "herstellt". Besonders verdutzend ist etwa, dass Kinder schon im Mutterleib auf Sprache reagieren und beim frühen Sprechen Fehler machen, die ihnen niemand vorgesagt hat, was vermuten lässt, dass sich das Gehirn da verselbständigt. Man weiss übrigens auch noch nicht, wie das wirre Bild, das auf die Netzhaut im Auge fällt, im Gehirn zu einem kognitiv verarbeiteten Ganzen zusammengesetzt wird. Sie hätten gern einen Nobelpreis? Dann haben Sie da zwei Ansatzpunkte.

-In einer Vorlesung aufgeschnappt: Der aktive Wortschatz eines durchschnittlichen Erwachsenen, also das, was dieser verwendet, umfasst 6000 - 10‘000 Worte. Der passive Wortschatz, also das, was er versteht, beläuft sich auf 16‘000 - 100‘000 Worte. Der Fachwortschatz eines Fachgebiets wie der Chemie oder der Medizin enthält ca. 2‘000‘000 Worte. Und nein, das Leben von Experten, die Wissen vermitteln sollen bzw. müssen, wird dadurch nicht vereinfacht.

-Sprachkompetenz begünstigt uns auf verschiedenste Weise. Sie öffnet Türen und hilft, respektiert und ernst genommen zu werden. Und Matthias Ballod weiss aus der Forschung des Wissenserwerbs zu berichten:
"Warum ist das Sprachvermögen so entscheidend? Weil die individuelle Wissensbewältigung und das Erschliessen fachlicher und sachlicher Zusammenhänge fundierte Kenntnisse von Begriffen, Benennungen und sprachliche Strukturen [sic] sowie ihrer Anwendungen voraussetzt. Der Philosoph Peter Bieri bringt es in guter Tradition von Immanuel Kant, Wilhelm von Humboldt oder Karl Bühler auf den Punkt: Sprache ist das elementare und eigentliche Medium bei der Aufnahme, Verarbeitung und Bewertung von Wissen und zugleich der Generalschlüssel für unsere Umwelt, unser Denken und für den Austausch mit anderen Menschen." (Ballod 2009: S. 28)

-Entdecken Sie hier die Entstehungsgeschichten 25 englischer Redewendungen.

-Dann hier noch die Liste mit den deutschen Worten, die nach einer Recherche für den Duden Unnützes Sprachwissen mithilfe der Google-Suche am meisten falsch geschrieben werden. Vielleicht gibt's da ein paar Aha-Erlebnisse.


-Und ein letztes Faktum: Wortspiele erfreuen sich beim Werben in meiner Umgebung weiterhin grösster Beliebtheit und sind immer mehr Geschmackssache. Das beweist dieses Fundstück im Schaufenster eines Riehener Optikers.



So, ich hoffe, es hat Spass gemacht! Auf Wiederschaun.

-Der Sprachbeschreiber

Quellen:

Clyne, Michael, Norrby, Catrin, & Warren, Jane (2009). Language and Human Relations. Styles of Address in Contemporary Language. Cambridge: CUP.

Ballod, Matthias: Typen von Wissen. Begriffliche Unterscheidung und Ausprägungen in der Praxis des Wissenstransfers. In: Antos, Gerd & Wichter, Sigurd (2009): Transferwissenschaften. Frankfurt am Main: Peter Lang GmbH 

Hess, Jürgen C. (2012): Duden Unnützes Sprachwissen. Duden Verlag